Bildung im Vorübergehen:

Helene-Stöcker-Platz

Zusatzschild-Text:
Pazifistin, Frauenrechtlerin, Sexualreformerin, 1933 ins Exil
Spender:
gespendet von Dr. Ursula Wohlfeld
Status:
realisiert am 28.05.2010

Helene Stöcker (1869-1943)

Helene Stöcker wurde als älteste Tochter von sieben weiteren Geschwistern eines Textilfabrikanten in Elberfeld geboren. Nach dem Besuch der Städtischen Höheren Töchterschule in Elberfeld von 1879 bis1889 verlässt sie 1892 Elberfeld und siedelt nach Berlin über. Hier besucht sie ein Lehrerinnenseminar, legt ein Examen als Lehrerin für höhere Mädchenschulen ab und absolviert ihre Ausbildung bei Helene Lange. In dieser Zeit kommt sie durch die Lektüre von Bertha von Suttners „Die Waffen nieder“ erstmals mit pazifistischem Gedankengut in Berührung. Eine erste Veröffentlichung im Jahre 1893 versucht sich an einem Leitbild einer selbstbewussten, wirtschaftlich unabhängigen und dem Mann in keiner Weise untergeordneten Frau. Ein radikaler Bruch mit der Lebenswirklichkeit der Familie, aus der sie stammt.

Ab 1896, nach Zulassung von Frauen als Gasthörerinnen an der Berliner Universität, belegt sie die Fächer Nationalökonomie, Philosophie und Germanistik (deutsche Literaturgeschichte), gründet 1897 den „Verein studierender Frauen“ und fordert in ihrer ersten öffentlichen Rede im Rahmen einer Protestversammlung die freie Zugangsberechtigung zu allen Bildungseinrichtungen und die staatsbürgerliche Gleichstellung von Frauen. 1898 bis 1900 setzt sie ihre Studien in Glasgow und Bern fort und promoviert schließlich 1901 in Bern mit einem Thema zur Kunstanschauung des XVIII. Jahrhunderts.

In den Jahren von 1901 bis 1905 ist Stöcker Dozentin an der Lessing-Hochschule in Berlin. Mit anderen Vertreterinnen der radikalen Frauenbewegung gründet sie 1902 den „Deutschen Verein für Frauenstimmrecht“, übernimmt in diesen Jahren die Redaktion der Zeitschrift „Frauenrundschau“ und gründet 1905 mit Vertreterinnen der proletarischen Frauenbewegung den „Bund für Mutterschutz und Sexualreform“. Der Bund setzte sich das Ziel, die gesellschaftlichen Vorurteile gegenüber ledigen Müttern – noch damals im Sprachgebrauch als „gefallene Mädchen“ bezeichnet – und deren Kindern abzubauen, beider soziale und rechtliche Lage zu verbessern und umfassende Sexualreformen, wie z.B. das Recht auf Abtreibung, auf Empfängnisverhütung und die Akzeptanz der Homosexualität, anzustreben. In dieser Zeit lernte sie ihren Lebenspartner, den Rechtsanwalt Bruno Springer, kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod 1931 zusammen lebte, ohne mit ihm verheiratet zu sein, was bei ihrer Lebensauffassung auch nicht verwunderlich sein sollte.

Während des I. Weltkrieges entwickelt sich Stöcker zu einer bedingungslosen Pazifistin. Sie nimmt 1915 als Delegierte am Internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag teil und wird 1921 Mitbegründerin des „Bundes der Kriegsdienstgegner“. Ihr sexualreformerisches Wirken tritt in diesen Jahren stärker in den Hintergrund und die Aktivitäten in einer radikalen Friedensbewegung treten offener zu Tage. Zeichen

dafür ist ab 1926 ihre Mitarbeit in der „Gruppe Revolutionärer Pazifisten“, die in ihrer Programmatik die kapitalistische Gesellschaftsordnung als Hauptquelle des Krieges bezeichnet. Als Mitbegründerin der „Gesellschaft der Freunde des neuen Russland“ reist sie 1927 zu den Feierlichkeiten aus Anlass des 10. Jahrestages der Oktoberrevolution in die Sowjetunion und trifft dort mit ihrer Mitstreiterin im Geiste, Clara Zetkin, zusammen.

Nach der Machtübernahme der Nazis emigriert Stöcker am 28. Februar 1933 zunächst nach Zürich. 1938 wird ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Im gleichen Jahr übersiedelt sie über London nach Schweden und schließlich wandert sie 1941 über die Sowjetunion in die USA aus. Aus Gestapounterlagen geht hervor, dass Stöcker neben der Staatsbürgerschaft auch die Doktorwürde aberkannt, ihre Konten beschlagnahmt und ihre Manuskripte vernichtet wurden.

Am 23. Februar 1943 starb Helene Stöcker mittellos an Krebs im New Yorker Exil.


Quellen:

  • Deutsches Historisches Museum (www.dhm.de/lemo/html/biografien)
  • www.frauenmediaturm.de

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