Bildung im Vorübergehen:

Hermann-Frede-Siedlung

Zusatzschild-Text:
Architekt zwischen Tradition und Moderne, Schöpfer zahlreicher öffentlicher und privater Gebäude in Halle
Spender:
gespendet von Dieter Stäudte
Status:
realisiert am 18.10.2013

Hermann Frede (1883-1965)

Hermann Frede wurde am 18. Oktober 1883 in Bochum als ältestes von neun Kindern eines Bergarbeiters geboren. Schon früh zeigte er Interesse an Architektur und eine baukünstlerische Begabung. Seine architektonische Ausbildung erhielt er an der Baugewerkeschule in Münster.

Zunächst war er bei dem Architekten Muths in Münster angestellt und erhielt in einem Architekturwettbewerb 1904 den zweiten Preis für einen Bebauungsplan mit Mietshausblöcken in Münster. 1911 bekam er für die Landesversicherungsanstalt Merseburg erstmals einen ersten Preis zugesprochen. Bis zum Jahre 1952 bestritt er 25 Wettbewerbe mit Erfolg.

1910 wechselte Frede nach Halle (Fredes Schulfreund, der katholische Pfarrer Dr. Ludwig Reinold nannte es „Angelpunkt des Gebietes Magdeburg-Leipzig-Dresden, Mittelpunkt eines machtvoll aufstrebenden Wirtschaftsgebietes“), wo er zunächst eine Anstellung annahm. Zwei Jahre später eröffnete er sein eigenes Büro. Als ersten großen Auftrag konzipierte er für den Bauverein für Kleinwohnungen e. G. zwischen 1913 und 1919 die „Gartenstadt am Mühlrain“, das heutige Thaer-Viertel. Zwar musste er während des ersten Weltkrieges nicht direkt an die Front, konnte aber auch seine schöpferische Arbeit nicht ungehindert fortsetzen. Dennoch beschäftigte er in den zwanziger Jahren bereits bis zu 30 Angestellte in seinem Büro. Eines seiner bedeutendsten Werke in dieser Zeit ist der Bau der landwirtschaftlichen „Centralgenossenschaft“ in der heutigen Maxim-Gorki-Straße, wofür er den mit 25 000,- Mark dotierten ersten Preis unter 25 Mitbewerbern erhielt.

Am „Schwarzen Freitag“ 1929 verlor die Familie Frede ihr gesamtes Vermögen beim Bankhaus Lehmann. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage blieben private Aufträge lange Zeit aus, öffentliche Ausschreibungen gab es nur wenige. In dieser Zeit erhielt er Aufträge der Energiewerke Sachsen-Anhalt AG für Schaltstationen und Umspannwerke.

In der städtischen Verwaltung war Hermann Frede Mitarbeiter im Kunstbeirat. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde er Mitglied der Reichskulturkammer, um weiterarbeiten zu können. Er entwickelte sich zum Spezialisten für Luftschutzbunker und rettete mit einem Luftschutztunnel unter seinem eigenen Haus seiner Familie beim Bombenangriff über Halle am 31. März 1945 das Leben.

1947/48 beteiligte sich Hermann Frede am Wettbewerb zur Neugestaltung des alten Rathauses, der Zuschlag ging aber an seinen Kollegen Wilhelm Jost. Einen erneuten Bauauftrag erhielt Frede in dieser Zeit mit dem Bau des Rathauses in Nachterstedt. Eine freie Tätigkeit als gestalterischer Architekt war in der Nachkriegszeit jedoch fast unmöglich. Frede haderte mit der zunehmenden Industrialisierung und Typisierung des Bauens nach sowjetischem Vorbild, was nicht seinen ästhetischen Intentionen entsprach. Um seine Familie finanziell abzusichern, nahm er in den 1950er Jahren eine Stelle im Entwurfsbüro „Hochbau Halle/S.“ an und wurde dort Leitarchitekt, dem eine Gruppe von Mitarbeitern unterstellt war. Glücklich war er dabei jedoch nicht. Immer wieder wollte er die DDR verlassen, um im Westen seiner Berufung besser nachgehen zu können, tat dies aber nicht. Er betätigte sich wieder als freier Architekt, wobei mehrere private Landhäuser und das Kino in Merseburg entstanden. Seinen letzten Auftrag 1964/65, für das Elisabeth-Krankenhaus ein Pfarrhaus zu erbauen, konnte Hermann Frede nicht mehr ausführen. Er starb am 20. März 1965 in Halle.

Hermann Frede war verheiratet mit der Münsteranerin Hulda Martha Porwoll und hatte mit ihr drei Kinder. Die Familie unterhielt von 1927 bis 1939 ein Sommerhaus in der Nachbarschaft zum Professor der Kunsthochschule Gustav Weidanz in der Schwuchtstraße 13a in Halle-Kröllwitz mit einem zwölf Meter langen Schwimmbecken. Von 1905 bis 1915 wohnte Frede in der Körnerstraße, danach bis 1925 in der Leipziger Straße 93 über dem Café Zorn (für das er den Innenausbau übernahm). Die nächsten vier Jahre wohnte er in der Albert-Dehne-Straße 1. 1928 kaufte er das vierstöckige Eckhaus Dorotheenstraße 18, das er modernisierte und in dessen Erdgeschoss er sein Büro einrichtete. Im ersten Obergeschoss wohnte Familie Frede, die zweite und dritte Etage wurde vermietet. 1956 wurde Frede Mitglied im Bauverein für Kleinwohnungen und zog in das von ihm konzipierte Wohn- und Geschäftshaus Dittenberger Straße 7a.

Frede beschränkte sich mit seinen Arbeiten nicht auf eine bestimmte Bauaufgabe, zu seinen Werken gehören neben den Siedlungsbauten auch Industriebauten und Wohn- und Geschäftshäuser privater Kundschaft. Die meisten seiner Dokumente wurden 1945 zerstört, so dass viele seiner Entwürfe nicht lokalisiert werden können. Wohn- und Siedlungsbauten entstanden vor allem für den Bauverein für Kleinwohnungen e. G. und für die Kleinwohnungsbau Halle AG. Sie sind gekennzeichnet durch Vor- und Rücksprünge in ihrer Ausrichtung zur Straße; Grünflächen und die markanten polygonalen Eckerker beleben die Bebauung. Moderne Ansätze liegen in der funktionellen Gestaltung mit modernsten Wohnstandards, die traditionelle Linie ist verkörpert in mächtigen Dachkörpern und in der Fülle architektonischer Details wie Risalite, Erker, Loggien und rundbogige Eingangstüren. Unter den zahlreich von Frede projektierten Villen, Stadt- und Landhäusern sollen hier die beiden Villen für die Gebrüder Hartmann (Neuwerk 1 und 18 in Halle), und die Villa Brandenstein am Kirchtor 11 genannt werden.

Seit den 1920er Jahren projektierte Frede Verwaltungsbauten für den kommunalen und wirtschaftlichen Bereich sowie Bürohäuser, Rathäuser und Bankhäuser für verschiedene Auftraggeber. Gegenüber dem bereits erwähnten Verwaltungsgebäude der landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft in der Maxim-Gorki-Straße entwarf er 1924-26 das Verwaltungsgebäude der Genossenschaftsbank (heute Landesamt für Vermessung und Geoinformation). An der Merseburger Straße entstand 1929 das Verwaltungsgebäude der IG Farben-Bergwerksverwaltung. 1838/39 konzipierte er das Verwaltungsgebäude der Knappschaft-Berufsgenossenschaft (heute Teil des Klinikums Bergmannstrost). Eines der wichtigsten Werke Hermann Fredes war der Um- und Erweiterungsbau des Hotels „Goldene Kugel“ am Riebeckplatz, das im 2. Weltkrieg leider zerstört wurde.

Quelle:

  • Dissertation von Jens Lipsdorf: Hermann Frede. Ein hallescher Architekt zwischen Tradition und Moderne, Halle 1998.

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