Bildung im Vorübergehen:

Senefelderstraße

Zusatzschild-Text:
Schriftsteller und Schauspieler, Erfinder der Lithographie
Spender:
gespendet von Ingrid Häußler
Status:
realisiert am 24.02.2022

Alois Senefelder (1771 – 1834)

Am 6. November 1771 wurde Johann Nepomuk Alois Senefelder in St. Gallus zu Prag getauft. Er war das erste von neun Kindern des Schauspielerehepaares Franz Peter Senefelder (1744–1792) und Katharina, geb. von Volck, Tochter des Prager Schnallenmachers Josef von Volk. Die Familie zog den jeweiligen Anstellungen folgend mehrfach um (Mannheim, Heilbronn, Hanau), bis der Vater 1778 ein Engagement mit festem Vertrag am Hoftheater in München erhielt.
Auf Wunsch des Vaters begann Alois 1790 das Studium der Rechte in Ingolstadt, wofür ihm Maria Anna von Sachsen (1728–1797, Kurfürstin von Bayern 1747-77) ein jährliches Stipendium von 120 Gulden gewährt hatte. Während seiner Studienzeit verfasste er für Freunde für die Faschingszeit sein erstes Theaterstück, das Lustspiel „Der Mädchenkenner“, das am 12. Februar 1792 im Kurfürstlichen Hoftheater in München erfolgreich aufgeführt und auch finanziell für den Studenten zum Erfolg wurde. Aus dem Verkauf des Textes erhielt er 50 Gulden. Es folgten weitere Stücke, die jedoch kein Geld einbrachten. Als sein Vater 1792 starb, brach er das Studium trotz hervorragenden Abschneidens auch aus finanziellen Gründen ab.
Die Familie lebte von einem Gnadengehalt des Kurfürsten, das aber für den Lebensunterhalt nicht ausreichte. Alois Senefelder zog zurück nach München und versuchte als Schauspieler Geld für seine Mutter und die Geschwister zu erlangen. So schloss er sich zunächst einem in süddeutschen Städten gastierenden Wandertheater unter der Leitung von Franz Anton von Weber (1734–1812) an. Den Beruf des Schauspielers gab er aber bald darauf wieder auf.
Stattdessen versuchte er sich als Theaterschriftsteller. Dabei gewann er Einblicke in die Kunst des Buchdrucks, jedoch auch hier wieder keinen finanziellen Vorteil. In der Folge suchte Senefelder nach geeigneten Formen, den Druck seiner Stücke – schnell und billig – selbst anzufertigen.
Er experimentierte mit verschiedenen bekannten Methoden. In seiner Erzählung über die Erfindung des Steindrucks betont er immer wieder, dass allein sein Geldmangel ihn davon abhielt, Bekanntes weiter zu nutzen und ihn nötigte, sich neue Methoden auszudenken.
Zunächst verwendete er Kupferplatten. Darin seitenverkehrt zu schreiben, um am Ende ein richtig zu lesendes Blatt in der Hand zu haben, war sehr schwierig. Also übte er auf einer der in der Gegend um München üblichen Solnhofer Kalksteinplatten. Er stellte fest, dass das Schreiben darauf mit einer von ihm selbstentwickelten schwarzen Tinte aus Wachs, Talgseife, Kienruß und Regenwasser viel leichter vonstatten ging und die Schrift genauer erschien. Die nicht mit seiner Wachstinte bedeckte Steinoberfläche ließ sich mit Scheidewasser (Salpetersäure) wegätzen. Die dadurch „hochgeätzte“ Schrift konnte mit Druckerfarbe eingeschwärzt und auf Papier abgedruckt werden.
1796 schloss sich Senefelder mit dem Hofmusiker Franz Gleißner (1761–1818) zusammen, der ihn finanziell unterstützte. Aus den Experimenten und Druckversuchen der Gleißnerschen Noten entstand 1796 die erste Musiklithographie mit Gleißners Werk Feldmarsch der Churpfalzbayer’schen Truppen. Die beiden gründeten die Firma Gleißner & Senefelder in München.
Senefelder verfeinerte seine Erfindung weiter, wurde aber immer wieder aufgrund von Geldmangel zurückgeworfen. Daher ging er auf das Angebot eines Bekannten ein, ihn für 200 Gulden in der bayerischen Artillerie für sechs Jahre zu vertreten. Als dort jedoch bei der Befragung nach seiner Person bekannt wurde, dass er in Prag geboren wurde, nahm man ihn als „Ausländer“ nicht in den militärischen Dienst.
Bei weiteren drucktechnischen Versuchen zeichnete Senefelder mit Seife auf den geschliffenen Stein, goss Gummiwasser darüber und schwärzte die Zeichnung mit Ölfarbe ein. Während die durch die Seife fettigen Stellen die Farbe annahmen, blieb der übrige Stein weiß. Damit war der chemische Steindruck (Flachdruck) erfunden. Zugleich entwickelte Senefelder eine Stangenpresse aus Holz mit Reiber zur technischen Umsetzung seiner Erfindung. Senefelders chemischer Stein-flach-druck ermöglichte nun die Herstellung und Vervielfältigung von Schriften, Musiknoten, Landkarten, Tabellen, Rundschreiben, die Wiedergabe von schwarz-weißen und farbigen Bildern, Holzschnitten, Handzeichnungen und Kupferstichen. 1799 erhielten Alois Senefelder und Franz Gleißner und deren Erben vom bayerischen Kurfürsten Maximilian IV. Joseph das ersehnte Privileg auf die Dauer von 15 Jahren.
Der Offenbacher Musikverleger Johann Anton André war auf die neue Art zu drucken aufmerksam geworden. Er hatte die Vorteile des Flachdrucks für den Notendruck erkannt – es konnten mühelos höhere Auflagen zu günstigeren Preisen gedruckt werden (statt bisher im Kupferdruck 24-30 Kreuzer nur noch 6 Kreuzer für einen Druckbogen). Am 28. September 1799 verkaufte Senefelder das Recht Noten zu drucken an André für 2000 Gulden. Senefelder zog nach Offenbach, um dort das für die Druckerei Notwendige zu besorgen. In der Offenbacher „Notenfabrique“ des Anton André wurde Senefelders Erfindung das erste Mal mit großem kommerziellem Erfolg genutzt. Nachdem André in Wien der Witwe Mozarts dessen musikalischen Nachlass abgekauft hatte, erschien in seiner „Notenfabrique“ mit dem Senefeldschen Druckverfahren das erste thematische Verzeichnis von Mozarts Werken.
Ende 1800 fuhr Senefelder nach London und wohnte dort bei einem Bruder Andrés. Der von ihm zuvor bearbeitete Kattundruck wurde hier schon angewendet. Neu war der Stein als Druckform, wofür Senefelder das Privileg beantragte und sechs Monate später am 1. Juni 1801 für England, Irland und Schottland erhielt. 1801 reiste er nach Wien, wo er das Privileg für Österreich gegen den Widerstand der Kunsthändler und Kupferdrucker erst nach zweijährigem Kampf am 18. Januar 1803, befristet auf 10 Jahre, erhielt. 1807 kehrte er wieder nach München zurück, wo er mit Hilfe des Publizisten Freiherrn Christoph von Aretin (1772–1824) eine neue Steindruckerei in der Münchner Feiertagsschule für Kunst und Handwerk einrichtete, die bald auf Staatskosten in ein Lithographisches Institut umgewandelt wurde. 1809 trat Senefelder im Rang eines „Inspectors der lithographischen Anstalt der k. Steuer-Catastel-Commission“ in den bayerischen Staatsdienst mit einer Besoldung von 1500 Gulden. Zwischen 1810 und 1824 weilte Senefelder mehrfach in Paris, entwickelte hier seine Idee des Steinpapiers weiter, das die massiven Steinplatten ersetzen sollte, was sich jedoch am Ende als unpraktisch erwies.
Im Jahr 1818 erschien sein schon neun Jahre zuvor begonnenes „Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey, enthaltend eine richtige und deutliche Anweisung zu den verschiedenen Manipulationsarten derselben in allen ihren Zweigen und Manieren, belegt mit den nöthigen Musterblättern, nebst einer vorangehenden ausführlichen Geschichte dieser Kunst von ihrem Entstehen bis auf gegenwärtige Zeit“. Im Jahr darauf kamen die französische und die englische Übersetzung in den Buchhandel. Senefelder arbeitete ständig an der technischen Verbesserung seiner Erfindung. So erfand er weiter den Metalldruck, die Papierstereotypie, den Ölgemäldedruck, den Mosaikdruck.
Am 1. Oktober 1827 trat er mit einer jährlichen Pension von 1200 Gulden in den Ruhestand (behielt aber sein Laboratorium). Alois Senefelder starb am 26. Februar 1834 nach kurzer Krankheit in München. König Ludwig I. ließ ihm auf dem Alten Südlichen Friedhof ein Grabmal errichten, dessen Inschrift in einen Solnhofer Stein eingeschrieben ist.

Quellen:
•    Alois Senefelder: Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey… München 1821
•    Hanns-Peter Schöbel: Alois Senefelder – Der Steindrucker. Freiburg, 2016
•    Gerd Vollmer: Alois Senefelder und die „Notenfabrique“ André. Offenbach, 1986
•    Hyacinth Holland: Senefelder, Alois, in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 8–23, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: de.wikisource.org/w/index.php (Version vom 28. Januar 2022, 15:46 Uhr UTC)

 

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