Bildung im Vorübergehen:

Pyrastraße

Zusatzschild-Text:
Dichter der Aufklärung und Empfindsamkeit, Übersetzer und Literaturkritiker, Mitbegründer des Ersten Halleschen Dichterkreises
Spender:
gespendet von Familie Eberhardt
Status:
realisiert am 17.07.2015

Jakob Immanuel Pyra (1715-1744)

Die Pyrastraße ist benannt nach dem Dichter der Aufklärung und Empfindsamkeit Jakob Immanuel Pyra. Er zählt in der deutschen Literaturgeschichte zu den Vorläufern Ephraim Lessings und gilt als Vorbote Friedrich Gottlieb Klopstocks. Zudem war er Übersetzer und Literaturkritiker und Mitbegründer des Ersten Halleschen Dichterkreises.

Geboren wurde Pyra am 25. Juli 1715 in Cottbus als Sohn des preußischen Amtsadvokaten Immanuel Pyra und der Beamtentochter Eva Maria Röting. Bei einer Anwaltsreform verlor der Vater Pyras sein Amt, so dass Pyra von nun an in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs. Ab April 1730 besuchte er dennoch das Gymnasium in Bautzen. Am 29. Dezember 1734 wurde er an der halleschen Universität eingeschrieben und studierte vom Sommersemester 1735 bis Ende 1738 Theologie. Der mittellose Student lebte von Stipendien der Franckeschen Waisenhausanstalt, von Dezember 1736 bis Dezember 1737 hatte er eine Stelle als Informator am Waisenhaus inne. Bis Oktober 1735 wohnte Pyra im Haus des Verlegers Johann Ernst Fritsche, ab Oktober 1736 im Waisenhaus.

Neben den pietistisch geprägten theologischen Vorlesungen besuchte er auch Privatvorlesungen Alexander Gottlieb Baumgartens (1714–1762) über Ästhetik und Metaphysik. Er befreundete sich mit Samuel Gotthold Lange, Sohn seines Hochschullehrers, des Halleschen Pietisten Joachim Lange und wurde Mitglied der von ihm zuvor initiierten „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“. Damit war der Erste Hallesche Dichterkreis entstanden.

Auf Anregung seines Freundes Lange las Pyra die einschlägigen kritischen Schriften seiner Zeit, vor allem der Schweizer Verleger Johann Jakob Bodmer (1698–1783) und Johann Jakob Breitinger (1701–1776). Er begann Übersetzungen antiker Texte (Vergils Aeneis) und arbeitete an zwei Tragödien (Agag oder Saul und Jephta). Zur Feier der Anstellung seines Freundes Lange als Prediger in Laublingen zu Beginn des Jahres 1737 veröffentlichte Pyra sein erstes großes Werk Der Tempel der wahren Dichtkunst, eine Allegorie über das Wesen und die Ausübung der Dichtung in reimlosen Versen.

Zur gleichen Zeit trat er mit dem Leipziger Literaturtheoretiker Johann Christoph Gottsched (1700–1766) in Briefwechsel. Pyra sandte ihm anonym eine Probe einer Übersetzung der Aeneis des P. Virgilius Maro in deutsche Verse mit der Bitte um kritische Begutachtung, die jener in seinen „Critischen Beiträgen“ einer gereimten Übersetzung als eher ungünstiges Beispiel gegenüberstellte. Daraufhin veröffentlichte Pyra die Vertheidigung des Verfassers der Uebersetzung aus der Aeneis des Virgil.

Nach Beendigung seines Studiums verließ Pyra Halle und war zunächst als Hofmeister bei verschiedenen Adligen angestellt. Dabei wohnte er wiederholt bei seinem Freund Lange in Laublingen, von wo aus „der Gedanke der geistbeseelten Freundschaft, der Empfindsamkeit seinen Ausgang nahm“.* Neben Oden und Essays entstand hier die erst posthum veröffentlichte Gedichtsammlung Thirsis und Damons freundschaftliche Lieder, Freundschaftsbekundungen zwischen den beiden Freunden Pyra und Lange.

Ende 1742 wurde Jakob Immanuel Pyra, vermutlich auf Betreiben von Lange, als Gymnasiallehrer an das Köllnische Gymnasium in Berlin berufen und wurde bald darauf zum Conrektor (stellvertretender Rektor) ernannt. In dieser Zeit scheint er auch als Rezensent für eine Berliner Zeitschrift tätig gewesen zu sein. Mit der Veröffentlichung seiner Streitschrift Erweis, daß die G*ttsch*dianische Sekte den Geschmack verderbe im Jahre 1743 eröffnete er den „Kleinen Dichterkrieg“ zwischen den Hallensern (neben ihm selbst u. a. sein Freund Lange und der Philosophieprofessor Georg Friedrich Meier) und dem Leipziger Gottsched.

Am 14. Juli 1744 starb Jakob Immanuel Pyra nach kurzer Krankheit.

In der Alten Deutschen Bibliothek wird ein Brief des Verlegers Bodmer an Lange nach Pyras Tod zitiert: „in Pyra hätten sie einen Freund, der Geschmack einen Kenner, die Poesie einen Dichter, die Kritik einen Streiter verloren.“

Quellen:

  • *Hans-Joachim Kertscher: „Wiege der deutschen Kultur“ – Facetten zur Literaturentwicklung im Raum des heutigen Sachsen-Anhalt. In: Literarisches Erbe in Sachsen-Anhalt. Traditionen – Bestände – Aufgaben. Halberstadt, 2009, S. 10-23.
  • Carsten Zelle (Hrsg.): Immanuel Jacob Pyra: Über das Erhabene. Frankfurt/M. u.a., 1991.
  • Gustav Waniek: Immanuel Pyra und sein Einfluss auf die deutsche Litteratur des 18. Jahrunderts. Leipzig 1882.
  • Erich Schmidt: Artikel „Pyra, Jacob Immanuel“ in: Allgemeine Deutsche Biographie, hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 784–787, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: de.wikisource.org/w/index.php (Version vom 18. August 2013, 13:27 Uhr UTC)

 

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