Bildung im Vorübergehen:

Puschkinstraße

Zusatzschild-Text:
Russischer Nationaldichter, Begründer der klassischen russischen Literatur
Spender:
gespendet von Claudia Frank und Karsten Gabel
Status:
realisiert am 26.05.2025

Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799-1837)

Am 6. Juni 1799 (26. Mai nach dem damals in Rußland noch gültigen julianischen Kalender) wurde Alexander Sergejewitsch Puschkin als zweites von fünf Kindern des früheren Gardeoffiziers Sergei Lwowitsch Puschkin und dessen Ehefrau Nadeschda Ossipowna, geborene Hannibal in Moskau geboren. Sein Vater entstammte einem alten Adelsgeschlecht, sein Urgroßvater mütterlicherseits war Abraham Petrowitsch Hannibal (um 1696-1871), der als äthiopischer Sklave dem Zaren Peter dem Großen geschenkt wurde und als sein Patenkind zu militärischen und amtlichen Ehren kam.
Die übliche Amtssprache im Russischen Adel war Französisch, sodass Puschkin als Kind vor allem in französischer Sprache sprach, las und schrieb. Sein Kindermädchen Arina Rodionowna erzählte ihm altrussische Märchen und Sagen, die Eingang in sein späteres Werk finden sollten. Die Sommer von 1805 bis 1810 verbrachte Puschkin bei seiner Großmutter, Maria Alexejewna Hannibal, im Dorf Sacharow bei Swenigorod nahe Moskau.

Von 1811 bis 1817 besuchte Puschkin das gerade neu eröffnete Elite-Lyzeum in Zarskoje Selo für künftige Staatsbeamte bei St. Petersburg, das heute seinen Namen trägt. Er schrieb hier erste Gedichte, Liebeslyrik, Elegien und politische Epigramme. Anfang 1815 wurde sein patriotisches Gedicht Erinnerungen an Zarskoje Selo in der Zeitschrift Russisches Museum gedruckt, das er zuvor dem russischen Dichterfürsten Gawriil Romanowitsch Derschawin öffentlich vorgetragen hatte. Nach dem Abschluss des Lyzeums nahm Puschkin mit dem Titel eines Kollegiensekretärs eine Stellung im Petersburger Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten an.
Puschkins erster großer literarischer Erfolg, sein Versgedicht Ruslan und Ludmilla, das er bereits im Lyceum 1817 begonnen hatte und 1820 veröffentlichte, machte ihn in ganz Russland bekannt. Darin vereinigte er in parodistischer Weise das Sagenhafte und das Historische, das Komische und das Heroische und überwand damit die Form des klassizistischen Epos.

Noch als Schüler war er 1817 der humoristischen literarischen Gesellschaft „Arsamas“ beigetreten, etwas später schloss er sich dem Kreis "Seljonaja lampa" – „Grüne Lampe“ an, ein elitärer Klub, in dem sich Intellektuelle, Künstler und Adlige zum Debattieren, Essen und Trinken trafen. Zu seinen Freunden gehörten die Dekabristen – westlich erzogene Offiziere der russischen Armee, die gegen das autokratische Zarenregime, gegen Leibeigenschaft, Polizeiwillkür und Zensur protestierten. Auch der junge Puschkin, der in seiner Internatszeit den Einzug Napoleons erlebt hatte, strebte nach den Ideen der Französischen Revolution, nach Freiheit und Gleichheit für alle. Nach Kritik an Zar und Hof in politischen Spottgedichten wurde er im Sommer 1820 aus Petersburg nach Südrussland verbannt. Die Landschaft, die Natur von Kaukasus und Krim, sowie die Werke des englischen Dichters Lord George Gordon Byron inspirierten Puschkin zu an der europäischen Romantik orientierten Versepen, wie Der Gefangene im Kaukasus (1821) oder Die Fontäne von Bachèisaraj (1822).

1823 wurde er nach Odessa versetzt und begann die Arbeit an seinem Hauptwerk Eugen Onegin. Der in Versen geschriebene Roman verwischt die Grenzen zwischen Prosa und gebundener Sprache. Puschkin verarbeitet darin das alltägliche Leben der Menschen unterschiedlicher Schichten, er bezieht die alltägliche Sprache mit ein und schuf ein ironisch gefärbtes Zeit- und Gesellschaftsdokument. Damit gilt er als wegweisend für die „erwachende ‚realistische‘ russische Literatur des 19. Jahrhunderts mit ihren Protagonisten von Nikolai Gogol bis zu Dostojewski, Iwan Turgenjew und Leo Tolstoi“ (Prill). Peter Tschaikowski hat den Vers-Roman später vertont.

1824 wurde Puschkin für die folgenden zwei Jahre auf das Gut seiner Mutter in Michajlowskoje bei Pskow verbannt, wo er sich mit der Sprache des einfachen Volkes vertraut machte. Die Verbindung einfacher Volkssprache mit der Kanzlei- und Kirchensprache kennzeichnet seinen literarischen Stil. Puschkin wandte sich gegen tradierte, verkrustete Sprachvorstellungen der etablierten Literatur und entwickelte die russische Hoch-/Schriftsprache zur anerkannten modernen Literatursprache.
1825 entstand die romantische Tragödie Boris Godunov, nach dessen Motiven Modest Mussorgski später die gleichnamige Oper schrieb (1870).

Der neue Zar Nikolaus I. begnadigte Puschkin, er durfte wieder nach Moskau und St. Petersburg zurückkehren, lebte nun als freier Schriftsteller und konnte am Leben des Zarenhofes teilhaben, jedoch stand er unter der persönlichen und beständigen Zensur des Zaren.
1831 heiratete Puschkin die 16-jährige Natalia Gontscharowa, Tochter eines Textil- und Papierfabrikanten. Sein Vater schenkte aus diesem Anlass das 250 km von Nischni Nowgorod entfernte Dorf Boldino, wo die junge Familie die Zeit der Choleraepidemie überstand.
1833 wurde Puschkin zum Kammerjunker ernannt mit der Pflicht zur Teilnahme an den Hoffestlichkeiten in St. Petersburg. Während seine Frau das Leben am Hof genoss und dort gern gesehen war, frustrierte Puschkin die Abhängigkeit, die finanziellen Sorgen und die Intrigen.
In dieser Zeit entstanden vor allem Prosawerke mit volkssprachlichem Charakter, wie „Belkins Erzählungen“ (1831) und der historische Kurzroman „Die Hauptmannstochter“. 1836 gab Puschkin die Zeitschrift „Sowremennik“ (Der Zeitgenosse) heraus.
Der Schwager Puschkins, Georges-Charles de Heeckeren d’Anthès (1812-1895), Leibgardeoffizier der Zarin Charlotte von Preußen, machte Natalia Puschkin in provozierender Weise den Hof. Anonyme Briefe und Gerüchte, die ihre eheliche Treue bezweifelten, führten schließlich zum Duell am 8. Februar 1837. Puschkin wurde durch einen Bauchschuss schwerstverletzt und starb am 10. Februar in St. Petersburg. Begraben wurde er im Swjatogorski-Kloster bei Pskow.
Zar Nikolai I. übernahm alle Schulden des Dichters, bewilligte seiner Witwe eine Ehrenpension und lies zugunsten seiner Kinder die nachgelassenen Werke auf Staatskosten veröffentlichen.

In ihm spiegeln sich die russische Natur, die russische Seele, die russische Sprache, der russische Charakter in solcher Klarheit, in solcher reinen Schönheit, wie sich eine Landschaft in der gewölbten Fläche eines optischen Glases spiegelt.
Nikolai Gogol, Schriftsteller (1809-1852)


Quellen:
www.russlandjournal.de/russische-literatur/alexander-puschkin/
Marius Prill: Wegbereiter des Russischen Realismus. In: www.deutsche-briefmarken-zeitung.de/2014/05/26/briefmarken-alexander-puschkin-russischer-realismus/
de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Onegin

 

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