Bildung im Vorübergehen:

Betty-Heimann-Straße

Zusatzschild-Text:
Indologin an der Universität Halle, 1933 Exil in England, internationale Lehr- und Forschungstätigkeit
Spender:
gespendet von Elke und Prof. Dr. Joachim Ulrich
Status:
realisiert am 26.11.2009

Betty Heimann (1888-1961)

Betty Heimann wurde am 29. März 1888 geboren und wuchs als viertes Kind einer wohlhabenden jüdischen Bankiersfamilie in Wandsbek bei Hamburg auf. Nach dem Abitur studierte sie klassische Philologie und Indologie an den Universitäten Kiel (bei Deussen und Sieg), Göttingen (bei Oldenberg), Bonn (bei Jacobi) und Hamburg (bei Konow). 1919 bestand sie das Staatsexamen für klassische Philologie.

In den Jahren 1920/1921 war sie Assistentin an der Universität Kiel und promovierte bei Sieg im Jahre 1921 mit einer Arbeit über das Sanskrit mit "summa cum laude" zum Dr. phil. Noch im gleichen Jahr wechselte sie an die Universität Halle und habilitierte sich hier bei Hultzsch im Jahre 1923 für Indologie.

1923 erhielt Betty Heimann an der Universität Halle als erste Frau überhaupt eine Privatdozentur für Indologie. Dies war der lokalen Presse eine gesonderte Meldung wert. So notierte die Tageszeitung „Hallische Nachrichten“ vom 19. Januar 1924 auf Seite 2 unter Hochschulnachrichten, dass Betty Heimann an der Philosophischen Fakultät der Universität Halle als Privatdozentin zugelassen worden sei. Am 1. April 1926 mündete die Privatdozentur dauerte bis 1931 an; sie mündete am in einen speziellen Lehrauftrag für indische Philosophie. Am 11. August 1931 wurde sie zum nichtbeamteten Professor für Indologie an der  Universität Halle ernannt. Dieses Amt wurde ihr bereits am 7. September 1933  auf der Grundlage des von Nazi-Deutschland erlassenen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entzogen. Betty Heimann war schon seit geraumer Zeit als Jüdin verschiedenen Anfeindungen ausgesetzt gewesen. So hatte sie sich in einer Diskussion zur Rassenfrage, in der Herz die Rassentheorie der damaligen deutschen Reichsführung scharf kritisierte, ebenfalls kritisch geäußert. Sie wurde darauf hin beim Kultusministerium in Berlin denunziert, sie "hätte sich als Jüdin über den Unwert der Rassenreinheit geäußert".

In den Jahren 1931/1932 hielt sie sich auf einer Studienreise auf dem indischen Subkontinent auf. Möglich wurde diese auf Grund eines von ihr sehr schwierig erworbenen Stipendiums aus den USA (eine andere Quelle spricht von einem britischen Stipendium). Nach dieser Studienreise unternahm sie eine Vortragsreise nach England, auf der sie die Mitteilung über den Entzug ihrer Lehrbefugnis und die Einstellung ihrer Bezüge erreichte. Heimann entschloss sich, in England zu bleiben. Sie kehrte nie wieder nach Deutschland zurück.

Von 1933 bis 1935 lehrte sie als Dozentin für Indische Philosophie an der Universität London, 1935 in Rom und von 1936 bis 1944 erneut in London. Von 1945 bis 1949 war sie Professorin für Sanskrit an der Universität Colombo auf Ceylon. Auch nach ihrer Versetzung in den Ruhestand im Jahre 1949 setzte sie Ihre Forschungen zur indischen Religion und Philosophie fort. Ein letztes Mal trat sie im Jahre 1960 beim Internationalen Orientalistentag in Moskau öffentlich auf.

In ihrer Lehrtätigkeit erntete Betty Heimann durch die lebendige Art der Darstellung bei ihren Studenten großen Zuspruch. Gleichwohl war ihre finanzielle Situation als Privatdozentin äußerst angespannt. Zu ihrer Existenzsicherung musste sie immer wieder beim preußischen Kultusministerium um einmalige Zuwendungen ersuchen. Dies veranlasste einen dortigen Beamten zu der lakonischen Bemerkung, „daß Frau Heimann in der Tat zu der Sorte Mensch gehört, die auf Erwerbsarbeit angewiesen“ sei.

In ihrer wissenschaftlichen Arbeit präferierte Heimann die „indische Weltanschauung, die sie in ihrer Eigenart als Produkt der geographisch-klimatischen Verhältnisse Indiens verstand.“ Dabei legte sie großen Wert darauf, den indischen Kulturraum im Zyklus der Jahreszeiten aus eigener Anschauung zu erleben. An philologischen Fragen zeigte sie weniger Interesse, was zu kritischen Auseinandersetzungen mit anderen Fachkollegen führte.

In ihrer Zeit in Halle wohnte Betty Heimann ausweislich des Halleschen Adressbuches 1931 im Mühlweg 3. Sie war unter anderem mit der halleschen Bildhauerin Grete Budde befreundet, die von ihr eine Porträtbüste schuf. Der Ehemann der Bildhauerin, Professor Werner Budde, der während der Abwesenheit von Heimann in Deutschland deren Rechte wahrnahm, übergab diese Porträtbüste in den Besitz der Martin-Luther-Universität. Im Robertinum fand sie einen würdigen Platz.

Betty Heimann starb am 19. Mai 1961 in Sirmione am Gardasee.

Quellen:

  • Stadtarchiv Halle (Saale), Archivale Nr. 5987
  • Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg, Philosophische Fakultät I, Institut für Altertumswissenschaften, Seminar Indologie

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